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Gemeinsam richtig (e)skalieren! 5 Inspirationen: Das sollten skalierte Entwicklungs-Setups von Festivals lernen von Sven Schneider

Musik inspiriert. Das gilt nicht nur für die Welt der Noten, Rhythmen und Akkorde, sondern auch für die Musizierenden selbst. So können erfolgreiche Bands eine echte Inspiration für Entwicklungsteams sein.

Was aber, wenn die Herausforderung wächst und ein Entwicklungsteam für die Lösung der Aufgabe nicht mehr ausreicht? 5 Impulse aus dem bunten Treiben der Festivals zeigen, dass die Welt der Musik auch für skalierte Setups und das Zusammenspiel verschiedener Teams vielfältige Inspirationen bieten kann.

1. Helene gehört nicht nach Wacken: Team ist nicht gleich Team

Die Heavy-Metal-Fans im Schlamm von Wacken beeindrucken immer wieder mit ihrer Offenheit gegenüber anderen Musikstilen. So gehört nicht nur der Auftritt der Wackener Feuerwehr-Blaskapelle zum jährlichen Festivalbrauch, auch das Musikkorps der Bundeswehr und Otto Walkes durften sich in Wacken schon die Ehre geben. Doch bei aller Offenheit ist und bleibt Wacken ein Heavy-Metal-Festival. Mit Helene Fischer „Atemlos“ im Schlamm von Wacken? Eher nicht.

Auch in skalierten Entwicklungs-Setups kommt der Auswahl der passenden Entwicklungsteams eine entscheidende Rolle zu. Teams sollten daher vor allem nach ihrer Eignung für das Gesamtprojekt ausgewählt werden. Eine möglichst vielfältige und breit aufgestellte Ausrichtung der beteiligten Teams ist dabei, anders als bei Festivals, die sich meist an zusammenpassenden Stilrichtungen orientieren, ein echter Vorteil. Projektverantwortliche sollten die Teams daher weder unter großem zeitlichem Druck noch unter rein pragmatischen Gesichtspunkten (z. B. allein nach der Verfügbarkeit der Teammitglieder) auswählen oder zusammenstellen. Stattdessen sollten genau die Teams am Projekt beteiligt werden, die im „Team-Ensemble“ ein bestmögliches Ergebnis erwarten lassen.

 

2. Ein Festival lebt von seinen Acts: kein gutes Produkt ohne gute Teams

Ein großartiges Festivalgelände, eine überragende Sound- und Lichttechnik und eine Bühnenkonstruktion, die ihresgleichen sucht: beste Voraussetzungen für ein erstklassiges Festivalerlebnis. Doch der gesamte Aufwand nützt nichts ohne gute Bands und mitreißende Liveacts, die mit ihrer Musik die Menge fesseln und begeistern.
Ein Festival lebt vor allem von guter Musik. Deshalb genügt mitunter schon eine schlechte Band, um die über Stunden entstandene Atmosphäre beträchtlich einzutrüben.
Festivalveranstalter sind deshalb gut beraten, sich neben allen organisatorischen Rahmenbedingungen um ein gelungenes Line-up mit möglichst vielen hochkarätigen Bands zu bemühen.

Auch in skalierten Setups kann das Endprodukt nur so gut werden wie die einzelnen Projektteams, die gemeinsam an der Realisierung arbeiten. Deshalb kommt, ähnlich wie bei der Festivalplanung, dem Blick auf die Qualität der einzelnen Entwicklungsteams eine besondere Bedeutung zu. Denn ein schlecht funktionierendes Entwicklungsteam kann den gesamten Entwicklungsprozess ausbremsen oder sogar blockieren. Daher sollten die Projektverantwortlichen eine große Achtsamkeit für die Arbeitsatmosphäre und die Qualität des Miteinanders in den einzelnen Entwicklungsteams zeigen. Nur wenn die Kultur innerhalb der einzelnen Teams stimmt, kann auch die Kooperation über Teamgrenzen hinweg gelingen.

 

3. Wer zügelt die Rockstars? Von der Bedeutung der passenden Frameworks

Ein Festival mit Coldplay, Guns’n’Roses, den Foo Fighters, BabyShambles und The Weeknd dürfte musikalisch gesehen ein absoluter Erfolg werden. Doch Superstars allein machen noch kein großartiges Festival. Im Gegenteil: Kommen die Allüren und die Entourage der Stars nicht zu ihrem Recht, könnte dies für reichlich Chaos und schlechte Stimmung sorgen.
Es braucht also eine entsprechende Kommunikation, Organisation und Koordination, damit durch einen ausgeklügelten Programm- und Organisationsplan aus einzelnen Super-Acts ein unvergessliches Festivalerlebnis entstehen kann.

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Die Klarheit über den gemeinschaftlichen Arbeitsprozess ist auch für skalierte Setups von zentraler Bedeutung. Denn nur wenn sich alle Beteiligten einig über die gemeinsame Aufgabe und die daraus abzuleitenden konkreten Arbeitsschritte sind, kann das Projekt gelingen. Alle Teams müssen deshalb nach den gleichen Prinzipien an einem gemeinsamen Backlog arbeiten, das die Prioritäten für die nächsten Aufgaben vorgibt.
Darüber hinaus sollte ein konkretes Framework ausgewählt werden, welches die Strukturen für die Zusammenarbeit der einzelnen Teams regelt. Mit SAFe®, LeSS, Nexus, Scrum@Scale und Spotify-Engineering-Culture haben sich in den letzten Jahren einige belastbare Frameworks für die Skalierung agiler Arbeitsweisen etabliert, die unterschiedliche Stärken für verschiedene Rahmenbedingungen bieten. Sie müssen je nach Unternehmenssituation jedoch spezifiziert werden. In sehr speziellen Situationen kann es allerdings auch notwendig sein, ein eigenes Framework für die Kooperation der einzelnen Teams zu entwickeln. Dieses sollte jedoch nicht nur auf Agilität ausgerichtet sein, sondern vor allem sicherstellen, dass die Teams langfristig erfolgreich zusammenarbeiten können.

 

4. Auch Mariah Carey macht nur Musik: skalierte Setups leben von der Gleichrangigkeit der Teams

20 weiße Kätzchen und 100 weiße Tauben als „Backstage-Accessoire“ vor einem Auftritt: Diese Bitte von Superstar Mariah Carey war einem Londoner Konzertveranstalter und den zuständigen Behörden dann doch zu viel. Sie lehnten dankend ab. Denn nicht immer lassen sich alle Sonderwünsche der Stars auch verwirklichen, erst recht nicht auf einem Festival. Spielen mehrere Bands zusammen, so kann dies nur mit einem Mindestmaß an Kommunikation und Rücksicht gelingen.
Der Wunsch nach einer Garderobe mit eigenen mitgebrachten Möbeln, wie Madonna sich dies auf ihren Tourneen oft für ihre Hotelzimmer wünschte, wäre auf einem Festival wohl kaum umsetzbar. Auch große Egozentriker, die sich nicht an Absprachen halten und das Zeitfenster für den eigenen Auftritt nach Belieben ausdehnen, sind auf Festivals nicht gerne gesehen. Ein echter Zauber entsteht eben nur durch das Zusammenspiel der Stars.

Arbeiten mehrere Teams an einer gemeinsamen Aufgabe, so bleibt ebenfalls kein Raum für „Starallüren“. Es ist eben nicht denkbar, dass ein Team zum zentralen Player aufgebaut wird, während alle anderen Teams nur Hilfsarbeiten leisten. Deshalb ist es in skalierten Setups wichtig, keine Stammaufgaben für die einzelnen Teams zu etablieren, sondern die Aufgaben in jedem Sprint nach ihrer Dringlichkeit neu zu verteilen. So ist es ausdrücklich erwünscht, Aufgaben zwischen den Teams „weiterzugeben“: Hat Team A beispielsweise im ersten Sprint noch an der Login-Lösung gearbeitet und Team B an der Scanfunktion, so kann dies im nächsten Sprint genau umgekehrt werden. Denn entscheidend sind nicht die Vorlieben oder die Leistungswerte der einzelnen Teams (z. B. mit Blick auf die Velocity), sondern stets die Priorität der Aufgaben im gemeinsamen Backlog. Ein Vergleichen der einzelnen Teams untereinander ist wenig sinnvoll. Vielmehr muss es darum gehen, das Beste aus jedem Team „herauszukitzeln“. Dabei bleiben alle Teams gleichberechtigt.

 

5. Gemeinsam durch den Stromausfall: Kein Fortschritt ohne Wir-Gefühl

Beim Parookaville-Festival 2017 passierte, was vermutlich alle Veranstalter und Künstler*innen als einen echten Albtraum bezeichnen würden: Mitten im Auftritt von „Alle Farben“ legte ein Stromausfall große Teile der Soundtechnik lahm. Allerdings ließen sich „Alle Farben“ und einige weitere Künstler davon nicht sonderlich beeindrucken. Mit improvisierter Blasmusik, einem A-Kapella-Konzert und einer großartigen Gemeinschaftsleistung zündeten sie den Stimmungsturbo bei der feiernden Menge.

Fehler, Rückschritte und Krisen können auch in skalierten Setups zu einer Katastrophe werden, vor allem dann, wenn es im Projekt an einem teamübergreifenden Wir-Gefühl fehlt. Fühlen sich die einzelnen Teams nicht verantwortlich für die auftretenden Probleme oder schieben sich diese sogar die Schuld für Fehler gegenseitig zu, kann das Projekt nicht gelingen. Deshalb sollte in skalierten Setups nicht nur eine große Aufmerksamkeit auf der Atmosphäre in den einzelnen Teams, sondern auch auf dem teamübergreifenden Wir-Gefühl liegen. Gelingt dies, bieten skalierte Setups ein enormes innovatives Potenzial, von dem alle Teammitglieder, Stakeholder und vor allem die späteren Anwender*innen profitieren.

 

Ein Team voller Rockstars?

Kein gutes Produkt ohne gutes Team. – Die Ausführungen im Beitrag zeigen, dass die Teamkultur in den einzelnen Entwicklungsteams ein entscheidender Faktor für die Bewältigung der gesamten Entwicklungsaufgabe ist. Wie ein Blick auf die Welt der Rockstars die Zusammenarbeit in Entwicklungsteams stärken kann, zeigt ein weiterer, ebenfalls musikalischer Blogbeitrag.

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